Reisen ist die beste Medizin

Reisen spielt eine wesentliche Rolle für unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit. Belastbare Zahlen gibt es dazu noch nicht. Dabei könnte daraus ein neues Narrativ zur die Bedeutung des Tourismus entstehen, findet HHT-Chef Michael Otremba – ein Kommentar.

Reisen ist die beste Medizin

Keine Frage: Die Branchenverbände haben sich während der Pandemie immer wieder für die Bedeutung des Tourismus ins Zeug gelegt. In Gesprächen mit der Politik, in Medien und Diskussionsrunden wurden landauf, landab die hohe Zahl der Arbeitsplätze und der beachtliche Umsatz des Tourismus angeführt. Und doch bleibt der Eindruck: So richtig dringt unsere Branche mit ihren Argumenten und Kennzahlen nicht durch. Weder bei politischen Entscheidungsträger:innen noch in der Bevölkerung.

Auf der Jahrestagung der europäischen City Destination Alliance (CityDNA) Ende April 2022 war es spannend zu beobach- ten, wie in anderen Ländern auf die Bedeutung des Reisens geschaut wird. Das eröffnet neue Perspektiven. Und gleichzeitig zeigte sich: Es braucht ein Narrativ, mit dem wir nicht nur die Faszination, sondern vor allen Dingen die gesellschaftliche Bedeutung des Tourismus neu erzählen.

Einen Ansatz dafür stellte die HHT suf der Jahrestagung der CityDNA vor

Einen ersten Ansatz dafür stellte die HHT im Rahmen der Jahrestagung der CityDNA vor: Michael Otremba sprach in seiner Keynote zur Eröffnung über den Zusammenhang zwischen Gesundheit und Reisen, ein Thema, das wissenschaftlich bis heute nicht hinreichend erforscht sei. Weder die Welt- gesundheitsorganisation noch die Welttourismusorganisation haben sich mit dem Thema Wohlbefinden/Gesundheit und den Ursachen dafür ernsthaft auseinandergesetzt. Die aktuellen Zahlen in Deutschland verdeutlichen die Dimensionen: Auf 47 Milliarden Euro belaufen sich die Kosten für das Gesundheitssystem, die wir aufgrund von Burn-out, Erschöpfungssyndrom, stressbedingten Krankheiten ausgeben. Im Jahr 2019 verzeichnete Deutschland mehr als eine Million stationäre Behandlungstage für psychische und verhaltensbedingte Störungen. Und es gibt noch keine Zahlen, wie diese Kosten durch Corona und die Einschränkungen zu reisen, Freunde und Familien zu sehen, gestiegen sind.

Michael Otremba räumte ein, dass stressbedingte Krankheiten durch Reisen allein nicht geheilt werden können. Unstrittig sei aber, dass Reisen einen Einfluss auf das Wohlbefinden hat. Reisen kann Beziehungen stärken oder helfen, sie zu entwickeln, Reisen erweitert Wissen und Perspektiven und hat sogar einen Einfluss auf das Selbstwertgefühl jedes/r Einzelnen. Reisen reduziert Alltagsstress und macht Menschen insgesamt widerstandsfähiger. Und Optimismus und Resilienz sind entscheidende Faktoren für unsere Gesundheit. Kurz: Reisen bringt nicht nur Erholung und Abwechslung in den Alltag, Reisen stärkt auch unsere Gesundheit.

Das Dilemma:

Es gibt bisher keine Daten, die das beweisen, keine Studie, die differenziert Aufschluss darüber gibt, inwie- weit Reisen unsere Gesundheit und das Gesundheitssystem un- terstützt und wie es sich auszahlt. Möglicherweise auch, weil die Branche bisher nicht in diese Richtung geschaut hat. Die Tourismuswirtschaft sammelt Daten zum Wirtschaftsfaktor, macht hier und da Umfragen, was die Bürger und Bürgerinnen über den Tourismus denken.

Jedes Segment, jede Stadt, jedes Bundesland macht bisher seine eigenen Studien, um die lokalen Botschaften und Effekte zu beweisen. Was wäre, wenn wir die Auswirkungen des Reisens auf die Gesundheit aller gemeinsam nachweisen könnten? Die Ergebnisse könnte jedes Mitglied der Reisebranche nutzen und vermitteln. Egal, ob es sich um einen Cluburlaub, eine Städtereise oder einen Rucksacktrip nach Borneo handelt – es würde für jede:n Anbieter:in funktionieren. Ein Ansatz, der sich nicht nur auf den lokalen oder regionalen Nutzen fokussiert. Sondern sich um das große Ganze bemüht und verdeutlicht, warum das Reisen so wichtig ist.