Nachhaltigkeits-Zertifikate im Tourismus

Übersicht im Labeldschungel

Für immer mehr Menschen spielen nachhaltige Angebote eine Rolle in der Reiseplanung – und immer mehr touristischen Betrieben ist nachhaltiges Wirtschaften wichtig. Nachhaltigkeits-Zertifikate können beiden Seiten Orientierung bieten, schaffen Wettbewerbsvorteile für Unternehmen und bereiten ihnen den Weg zu mehr Nachhaltigkeit.

Doch bei der Vielzahl an Standards und Siegeln ist es schwer, den Überblick zu bewahren. Brauche ich überhaupt ein Zertifikat? Und wie finde ich das passende Siegel für das Nachhaltigkeits-Engagement in meinem Unternehmen? Wir geben Dir in diesem Artikel einen ersten Überblick.

 

Deine Vorteile einer Zertifizierung

Mit einem Siegel setzt Du nicht nur ein Zeichen für Nachhaltigkeit im Unternehmen. Du erlangst damit auch Vorteile im Wettbewerb um Gäste und Kunden:

  • Gästebedürfnisse besser befriedigen: Laut Studien möchten rund 60 Prozent der Reisenden ihren Urlaub nachhaltiger verbringen, doch an der Umsetzung hapert es häufig. Ein Grund dafür sind fehlende Informationen. Ein Zertifikat verifiziert das nachhaltige Handeln von Unternehmen und schafft damit Vertrauen und Transparenz. Damit erleichterst Du die Entscheidung für Deinen Betrieb und ganz nebenbei förderst Du das nachhaltige Reiseverhalten beim Gast.

   

  • Vergabekriterien der MICE-Branche entsprechen: Bei immer mehr Kongressen und Events gehört Nachhaltigkeit zu den Vergabekriterien. Befragungen zeigen, dass Nachhaltigkeit bei Vergabeprozessen an Hotels für über die Hälfte der Ausschreibenden eine Rolle spielt. Nur wenig geringer ist der Anteil bei der Auswahl der Veranstaltungslocation. Hier bieten Zertifikate eine gute Entscheidungsgrundlage.

 

  • Corporate-Verträge abschließen: CSR-Berichtspflicht und Lieferkettengesetzt – gesetzliche Vorschriften zu Nachhaltigkeit für (große) Unternehmen werden immer umfangreicher und umfassender. Dabei finden auch Beschaffungsketten Berücksichtigung, was sich auch auf die Auswahl von Hotels für Geschäftsreisen auswirkt. Teils haben Nachhaltigkeitsprogramme der Hotels, die z.B. über Zertifikate nachgewiesen sind, sogar den größten Einfluss auf den Zuschlag oder sind schlichtweg Voraussetzung.  

   

  • Rechtlich sicher: Ist Dein Unternehmen bereits nachhaltig unterwegs, willst Du sicherlich allen davon erzählen. Aber Vorsicht, nach einem aktuellen EU-Gesetzesvorschlag, der sogenannten Green Claims Directive, müssen die Aktivitäten zukünftig besser nachweisbar sein. Das richtige Zertifikat mit Prüfung durch einen Dritten schafft Rechtssicherheit in der Kommunikation.  

   

  • Nachhaltig vorangehen: Zertifizierungen und der begleitende Prozess helfen zudem dabei, den Status Quo zur Nachhaltigkeit im Unternehmen zu erfassen und daran weiter zu wachsen. Standardisierte Kriterien sowie vordefinierte Prozesse und Ziele zum Erhalt des Zertifikats zeigen Ansätze zur Verbesserung auf und bieten einen Rahmen, um weitere nachhaltige Maßnahmen zu entwickeln.

   

Welches Zertifikat ist das Richtige?

Was Deinem Unternehmen ein Zertifikat bringt, sollte nun klar sein. Doch jetzt kommt die Qual der Wahl – welches Zertifikat ist das Richtige?

Zurzeit gibt es über 150 Nachhaltigkeits-Siegel für den Tourismus. Einige Labels zertifizieren das nachhaltige Handeln einzelner Betriebe, wie Hotels, andere konzentrieren sich auf Veranstaltungen, und wieder andere nehmen Reiseveranstalter oder sogar ganze Destinationen in den Blick.

Dabei betrachten die Zertifikate teils sehr unterschiedliche Kriterien und setzen verschiedene Schwerpunkte. Manche Zertifikate decken nur einzelne Nachhaltigkeitsdimensionen ab, häufig konzentrieren sie sich dabei auf Umweltmaßnahmen und lassen soziale Aspekte außer Acht.

Für eine glaubwürdige Kommunikation der eigenen Nachhaltigkeits-Bestrebungen solltest Du für Deinen Betrieb oder Dein Produkt ein qualitativ hochwertiges Siegel wählen. Einige wichtige Anforderung dafür sind:

  • Transparent einsehbarere Kriterien
  • Unabhängige Prüfung von einer dritten Partei
  • Bestenfalls Berücksichtigung aller Dimensionen der Nachhaltigkeit, also neben Umweltaspekten auch die Bereiche Soziales, Kultur und Wirtschaft

 

Zertifikate versus Standards

Generell kann man zwischen Nachhaltigkeitszertifikaten und Standards unterschieden.

Standards schauen auf das Managementsystem im Betrieb und die Prozesse der Wertschöpfung im Unternehmen. Sie verpflichten zu einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess – helfen also bei der nachhaltigeren Ausrichtung des Betriebs.

Zu nennen sind hier insbesondere die Umweltmanagementsystemnorm ISO 14001 und ISO 20121, ein Standard für nachhaltiges Veranstaltungsmanagement. Auch mit dem EMAS-Logo der EU zeigen Unternehmen, dass sie ein ressourcensparendes Umweltmanagement entsprechend ISO 14001 eingeführt haben. Aktuell in Entwicklung befindet sich die ISO 53001, die sich die Umsetzung der SDGs im Unternehmen anschaut.

Zertifikate prüfen anhand von Kriterien den Ist-Zustand in einem Unternehmen. Hierfür wird ein Audit von einer unabhängigen dritten Partei durchgeführt.

 

Vom GSTC anerkannte Zertifikate

Der Global Sustainable Tourism Council (kurz GSTC) prüft weltweit Nachhaltigkeits-Zertifikate im Tourismus, führt aber selbst keine Zertifizierungen durch. Qualitativ hochwertige Nachhaltigkeitslabels werden vom GSTC international anerkannt, dabei sind zwei Stufen zu unterscheiden:

  • Recognized: Die Zertifikate stimmen mit den Standards des GSTC überein und berücksichtigen die 4 Säulen der Nachhaltigkeit: Umwelt, Soziales, Kultur und Management.
  • Accredited: Die Zertifikate stimmen nicht nur inhaltlich mit den GSTC-Kriterien überein, es wird auch die Qualität und Neutralität des Prozesses der Zertifizierung geprüft.

Mehr Informationen zu international anerkannten Zertifikaten findest Du beim GSTC.

Auch wir bei Hamburg Tourismus stützen uns auf vom GSTC anerkannte Zertifikate. So kommunizieren wir auf unserer Internetseite „Nachhaltig untergebracht“ oder im Venuefinder sowie auf der Website des Hamburg Convention Bureaus nur Hotels mit Zertifikat der Kategorie GSTC recognized. Hierzu gehören zum Beispiel die Siegel Green Sign, Green Globe, Green Key oder Earth Check.

 

Weitere Informationen zu Nachhaltigkeits-Siegeln

 

Britta Franke

Projektmanagerin Destination Management

Michaela Flint

Projektmanagerin Nachhaltigkeit MICE